Tödlicher Unfall

Sebastian König wurde am 06.08.1901 in Stödlen geboren und verbrachte dort seine Kindheit und Jugendzeit. Nach einer zwölfjährigen Dienstzeit beim Militär, wo er als Futtermeister mit dem Dienstgrad eines Feldwebels tätig war, kam er 1933 als Reitlehrer nach Röhlingen. König leitete die Reitausbildung in Röhlingen bis zum II.Weltkrieg.

Sebastian König mit einem Pferd von Xaver Seckler, Rötlen

Nach dem Krieg arbeitet er in Heilbronn und kam zu den Reitstunden bis zu seinem Tod am Wochenende nach Röhlingen.

Brief von Herrn Sebastian König an seinen Freund Anton Bühler

Heilbronn, den 20.V.1959

Lieber Anton!

Es bewegt mich innerlich, daß ich nach reiflicher Überlegung heute Dir nach meinem gut denken einen kleinen Bericht schildere über meine Eindrücke, vom Reitertag in Aufhausen. Ob es mir gelingt, weiß ich nicht, aber ich werde nach bestem Wissen und Gewissen versuchen, alles darzulegen wie ich alles angesehen und verwertet habe.

Erstaunt war ich über das prachtvolle und schöne Pferdematerial von den beteiligten Vereinen. Man sieht und merkt, daß für die ländlichen Reit- und Fahrvereine ein harter und schwerer Konkurrenzkampf angebrochen ist und die Anforderungen sehr groß sind. Man sah zum Teil eine sehr schöne und ausgeglichene präzise Arbeit. Bevor ich an die Beurteilung der Reitabteilungen komme, möchte ich einen Lieblingsspruch des Heiligen Vaters zitieren, den er gebrauchte, als seine Kardinäle bei seiner Krönung zum Papst einen Fehler machten!

Er lautet: „Alles sehen, vieles übersehen und ein wenig verbessern.“

Dieser Spruch hat viel Sinn und zugleich mahnt er zu einer beherzigten Aufmerksamkeit. Nun zu den Abteilungen. Ich nehme sie der Reihe nach. Unsere Reitabteilung war wohl die Stärkste, wenn ich mich nicht irre, waren es mit den Gespannen 16 Pferde, die am Start waren. Bestimmt eine stattliche Zahl worüber man recht stolz sein darf. Dabei möchte ich die tapfere Jugend nicht vergessen, die mit voller Begeisterung dabei sind. Trotz schlechtem Wetter haben die Reiter es nicht gescheut und haben das Opfer gebracht und sind fleißig auf die Reitbahn gekommen. Da möchte ich gleich den Dank für alle Reiter einflechten. Die Pferde gingen am Samstag abend sehr gut. Reiter und Pferde haben wirklich sehr gute Leistungen gezeigt. Leider hat der Ausfall eines Reiters und Pferdes eine große Lücke in die Abteilung gerissen, die sehr schwer zu überbrücken war.

Ich freue mich ganz besonders, daß Du lieber Anton, wie Du gesagt hast, es sind acht Pferde zum Wettbewerb gemeldet, auch wirklich gestartet sind.

Der Anzug von unseren Reitern war wirklich festlich. Futterzustand, sowie die Pflege der Pferde, war recht gut. Die Abteilung ging gut. Mängel und Fehler wird es immer geben, nicht nur bei den Reitern und Pferden auch anderswo im täglichen Leben.

Die Reitabteilungen Aufhausen und Westhausen boten ein gutes Bild. Herr Weiß ist ja für euch kein Unbekannter, ein sehr strebsamer und mit viel Idealismus durchdrungener Könner und Pferdemann. Waldhausen, ein junger Verein, hoffentlich wird er nicht verstädtert und bleibt ländlich. Lippach mit ihrem alten Reitersmann Beuter ist ausgeglichen mit Einfachheit und Bestimmtheit.

Über die Ausschreibung und Nennungen der Reiter und Pferde war ich enttäuscht. Man bekam keine klaren Richtlinien und somit kam Uneinheitlichkeit bei der Vorstellung in die Abteilungen. Es ist unfähr und nicht ritterlich, wenn man da einen bis zur Vorstellung im Ungewissen läßt.

Man bekam lediglich die Aufgabe zum Wettbewerb, die von der Reitabteilung Röhlingen genau nach Angaben geritten wurde, was von den anderen Abteilungen zum Teil nicht geschah.

Warum das Richterkollegium da nicht eingegriffen hat, ist mir unklar. Desgleichen wurde beim Jagdspringen die Flagge nicht beachtet und haben dabei eine bessere Zeit gewonnen.

Es sollte doch so sein, daß die Gerechtigkeit den ersten Platz einnimmt. Hier war ein Versagen, bei wem dieses war, kann ich nicht beurteilen. Leider kommen eben wie bei allen Menschen auch Fehler vor. Es ist niemand vollkommen. Ich möchte keine weitere Kritik üben, sondern Halt machen. Halte Dich nicht zu lang bei den Fehlern Deiner Mitmenschen auf, die Menschen haben Fehler, wir wissen es und alle Menschen ungefähr dieselben. Aber nun weiter, zu dem, was gut im Menschen ist weiter, weiter.

Wir wollen das Gute von den Menschen und von unseren Pferden. Ich weiß, daß es Menschen gibt, die nach irdischen Dingen, nach Besitz und Stand nicht viel fragen; Treue und Ehre, Mannestum und Opferbereitschaft, Kameradschaft, Ritterlichkeit ist die Forderung der Reiterei.

Ja meine lieben Reiter es ist alles noch da. Es liegt ja alles tief verborgen in den großen untilgbaren Sehnsüchten des Menschenherzens. Es liegt in diesen letzten Wahrheiten: Schönheit, Treue, Erhabenheit. Müseler hat in seinem Buch „Lehrmeister Pferd“, den schönen Satz geschrieben: „Wir Pferde werben um euer Verständnis, werbt um unser Vertrauen! Zu diesem Verständnis und Vertrauen gehört eine Erziehung. Die Pferde meine Herrn, daß weiß jeder selbst, die erziehen uns mehr als irgend etwas anderes zum Echten.

Im Sattel gibt es keine Vortäuschungen; da gibt es nur letzte Wahrhaftigkeit. Die Pferde dulden keine Lügner, keinen billigen Schein und kein so und als ob!“

Indem unsere Abteilung den gewünschten Erfolg nicht hatte, möchte ich alle Reiter bitten, jetzt nicht zu meutern und den Kopf hängen zu lassen, sondern den Blick nach vorwärts gerichtet, aufbauen im Frieden und es wird dann nichts umsonst sein. Ich glaube wir haben sehr viel gelernt und gesehen in Aufhausen, dieses wollen wir gut verwerten, und wollen weiter arbeiten an uns selber und an unseren Pferden.

Mögen die Kritiker eingestellt sein so oder so, vergangenes ist nicht mehr zu ändern, aber wir wollen mit gutem Vorsatz und festem Willen weiter arbeiten an dem schönen und uns so lieb gewordenen Reitsport, der Gott sei Dank noch viele Herzen erfreut.

Zum Schluß möchte ich allen Mitgliedern von Herzen danken für ihre Mitarbeit. Mein besonderer Dank gilt dem Vorstand, Dir lieber Anton und dem Schriftführer Josef Betzler.

Dies sind meine Gedanken, die mir auf dem Herzen lagen. Sollte mir in der Zeit, als ich ausgeholfen habe, beim Reitunterricht oder sonst, bewußt oder unbewußt ein Fehler unterlaufen sein oder, daß ich jemand beleidigt hätte, möchte ich mich dafür entschuldigen. Reitet weiterhin fleißig und nutzt jede Gelegenheit zur weiteren Ausbildung, sei es praktisch oder theoretisch. Und es wird wieder ein Tag kommen, wo es heißt an ihren Früchten soll man sie erkennen.

Richtet Eure Pferde gerade und reitet sie vorwärts!

Mit reiterlichem Gruß Sebastian König

Sebastian König verstarb zwei Monate, nachdem er diesen Brief geschrieben hatte, an den Folgen eines Reitunfalls.